Sofern ein Hände- oder Hautdesinfektionsmittel Krankheitserreger auf oder in der Haut abtötet, ist das Produkt ein Arzneimittel. So wird das im deutschen Arzneimittelrecht geregelt, allerdings gibt es diese Regelung nicht bei unseren europäischen Nachbarn. Meistens fallen Händedesinfektionsmittel im europäischen Ausland unter das Biozidrecht oder sind Medizinprodukte.
In der Vergangenheit waren Händedesinfektionsmittel grundsätzlich Arzneimittel. Erst durch die Novellierung des Arzneimittelrechtes im 15. Arzneimitteländerungsgesetz aus dem Juli 2009 wurde eine andere Betrachtungsweise möglich. So stellte das Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in der anschließend einsetzenden Diskussion fest, dass ein Händedesinfektionsmittel ohne therapeutische Zweckbestimmung nicht als zulassungspflichtiges Arzneimittel, sondern als Biozid-Produkte eingestuft werden kann.
In Deutschland werden Händedesinfektionsmittel auch als Biozide verkauft. Diese Produkte haben keimabtötende Wirkung, dienen aber nicht explizit zur Abtötung von Krankheitserregern. Entsprechend niedrige Wirkungsgrade reichen aus, um der Bezeichnung Biozid-Händedesinfektion gerecht zu werden.
Während für den Bereich der Lebensmittelverarbeitung und Küchenbetriebe Händedesinfektionsmittel ausreichen, die lediglich Biozide sind, werden für den medizinischen Bereich pharmazeutische Händedesinfektionsmittel vorausgesetzt. Dies stellte das BfArM in einer Pressemitteilung am 09.10.2009 klar. Haut- und Händedesinfektionsmittel mit einer medizinischen Zweckbestimmung zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionserkrankungen (z.B. die hygienische Händedesinfektion nach der Europäische Norm EN 1500) sind demnach eindeutig Arzneimittel.
Damit steht fest, dass in medizinischen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Pflegeheimen, Ärzten und Zahnärzten nur Händedesinfektionsmittel eingesetzt werden dürfen, die ein Arzneimittel sind. Darüberhinaus wird aber auch deutlich, dass Händedesinfektionen, die als Biozide eingestuft werden, auf den Etikettenauslobungen nicht den Eindruck erwecken dürfen, dass das Produkt für den medizinischen Gebrauch geeignet ist. Hier ergeben sich allerdings strittige Fragen. So könnte der Verweis auf die hygienische Händedesinfektion nach EN 1500 oder eine Listung bei der VAH bereits ein Hinweis sein, dass das Produkt im medizinischen Bereich eingesetzt werden kann und geeignet ist, Krankheitserreger auf der Haut abzutöten. Damit wäre die gesetzliche Voraussetzung erfüllt, dass das Produkt als Arzneimittel zu führen sei.
Das BfArM fasst die gesetzliche Voraussetzung wie folgt zusammen:
Auch nach Inkrafttreten des 15. AMG – Änderungsgesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl.I S. 1990) am 23. Juli 2009 sind Haut- und Händedesinfektionsmittel Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG), wenn sie
- am menschlichen Körper angewendet werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 AMG -sog. Funktionsarzneimittel), oder
- nach ihrer Bezeichnung und/oder nach ihrem Erscheinungsbild (Aufmachung, Bewerbung) in den Augen eines durchschnittlich informierten Verbrauchers den Eindruck erwecken, dass sie zur Anwendung am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 AMG – sog. Präsentationsarzneimittel).
Sobald demnach auf einer Händedesinfektion ausgelobt wird, dass diese z.B. gegen Grippe wirkt, ist das Präperat als Arzneimittel zu vertrieben, bzw. liegt ein klarer Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vor, sofern es sich bei dem Produkt um ein Biozid handelt.
Fünf Jahre nach der Novellierung des Arzneimittelrechtes können wir feststellen, dass die Regelung zwar grundsätzlich sinnvoll gewesen ist, jedoch viele „Trittbrettfahrer“ auf den Plan gerufen hat. Eine Vielzahl von Firmen vermarktet heute Händedesinfektionsmittel für den medizinischen Bereich, obwohl diese lediglich als Biozid eingestuft und gemeldet sind.
Händedesinfektionsmittel, die als Arzneimittel hergestellt werden, müssen zunächst zugelassen worden sein. Entsprechende Zulassungsnummern finden sich auf den Produkten. Darüberhinaus ist die Produktion dieser Händedesinfektionsmittel reglementiert, unterliegt verschiedenen Anforderungen und wird durch die Aufsichtsbehörden intensiv überwacht. Da ist es klar, dass es auch schon mal für den Ein oder Anderen im medizinischen Bereich lukrativ sein kann, statt einem Arzneimittel ein Biozid einzusetzen. Neben dem Risiko für Personal und Patienten sollte aber klar sein, dass dies eindeutig nicht rechtskonform ist.
Pressemitteilung Nummer 10/09 – Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
Arzneimittelgesetz §2