Mögliche Wege zur Bekämpfung von multiresistenten Keimen (MRE) in Einrichtungen des Gesundheitswesens

Wie sicher jedem bekannt sein dürfte, hat das deutsche Gesundheitswesen immense Probleme mit dem Auftreten von multiresistenten Erregern. Die Infektionszahlen in Krankenhäusern und Seniorenheimen steigen- ein Ende der Zunahme von Multiresistenzen ist nicht in Sicht. In der Politik wird nun endlich auch darüber diskutiert, wie man diesem Problem Herr wird. Ideen zur Verbesserung der Hygiene in Kliniken gibt es genug. Aber die Umsetzung scheitert, sodass die Ausbreitung von multiresistenten Keimen noch nicht gestoppt, bzw. verlangsamt werden konnte.

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Prof. Dr. Klaus-Dieter Zastrow
Quelle: DGKH

Menschen wie Klaus-Dieter Zastrow, Chef des Berufsverbands deutscher Hygieniker sowie Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene und Leiter des Bereichs Hygiene der Vivantes Kliniken in Berlin , machen sich darüber Gedanken und versuchen durch Ihre Ideen einer weiteren Verbreitung von Krankenhauskeimen entgegenzutreten.

Nach Schätzungen infizieren sich jährlich etwa 900.000 Männer, Frauen und Kinder mit Keimen während eines Klinikaufenthalts. Sie stecken sich mit multiresistenten Erregern an, aber auch mit Bakterien und Viren gegen die im Normalfall Medikamente wirken, die jedoch bei bereits krankheitsbedingt vorgeschädigten Personen zu schweren Komplikationen bis hin zum Tod führen können.

Nach langer Zeit reagiert nun auch die Politik. So hat Gesundheitsminister Herrmann Gröhe (CDU) kürzlich einen „Zehn-Punkte-Plan“ vorgestellt um das Problem anzugehen. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass Meldepflichten verschärft werden sollen, Klinik- und auch Praxispersonal besser geschult werden, die Kliniken in verständlicher Sprache über interne Infektionsraten informieren sollen, außerdem soll die Forschung an Antibiotika-Resistenzen gefördert werden. Angesichts der Lage halten viele Ärzte diesen Plan jedoch nicht für „den großen Wurf“. Ein großes Problem dabei besteht darin, dass es sich bei den Maßnahmen immer nur um ein „soll“ handelt. Ein Versagen bereits zuvor geforderter Maßnahmen wird deutlich, wenn man betrachtet, dass sich nur 200 von 2000 deutschen Kliniken dem Nationalen Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (KISS) angeschlossen haben. Diese Kliniken tauschen Fallzahlen zu nosokomialen Infektionen aus, was laut Zastrow nur begrenzt Nutzen hat. Außerdem wurde im Jahr 2008 mit der „Aktion saubere Hände“ begonnen. Im Rahmen dieser verpflichten sich die teilnehmenden Kliniken, Ärzte, Pfleger und Techniker zu einer korrekten Händehygiene zu animieren. Dadurch soll verhindert werden, dass Keime auf den Händen des Personals nicht von einem Patienten auf einen anderen übertragen werden. Vielerorts hat sich dadurch jedoch leider nichts geändert. Die Keime blieben auf den Händen, was vermutlich daran liegt, dass das Desinfizieren der Hände weiterhin vernachlässigt wird.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, müssen Wissenschaft und Politik enger zusammenarbeiten. Medizintechnisch gibt es beispielsweise Möglichkeiten die Keimbelastung bestimmter Oberflächen gering zu halten. Dabei werden häufig benutzte Oberflächen wie Türklinken, Lichtschalter oder Griffe an Betten mit Kupfer beschichtet, welches permanent Ionen abgibt, die von Natur aus Keime töten. In einer Hamburger Klinik wird das bereits so eingesetzt. Des Weiteren muss das Problem der mangelnden Händehygiene in den Griff bekommen werden. Hier kann man sich laut Herrn Zastrow vorstellen, dass jeder Mitarbeiter mit einem an der Arbeitskleidung anzubringendem Chip ausgerüstet wird, der einen durchdringenden Piepton abgibt, wenn es wieder Zeit wird sich die Hände zu desinfizieren. Dabei hängt ein kleiner Transponder an der Arbeitskleidung des Personals, dieser ist mit einem persönlichen Code versehen. In allen Räumen befinden sich kleine Lesegeräte an den Spendern mit Desinfektionsmittel. Die Lesegeräte werden nun so programmiert, dass sie ein Signal abgeben, wenn der Chipträger sich lange nicht an einem Spender bedient hat. Sicher gibt es diesbezüglich noch eine Menge rechtlicher Bedenken. Beispielsweise wird der Mitarbeiter dadurch ja überwacht und dann öffentlich denunziert, wenn er sich nicht an die Regeln hält. Aber aus hygienischer Sicht wäre dies ein Weg zur Verbesserung der Complience der Händedesinfektion.

Daneben kann man auch beim Patienten ansetzen, um die Infektionszahlen in Krankenhäusern zu verringern. Es gibt Schnelltest beispielsweise für MRSA-Keime. Diese müssten auch flächendeckend eingesetzt werden. In Deutschland ist ein screening rechtlich nur bei bestimmten Risikogruppen vorgesehen. Diese gibt es zuhauf. Hat man beispielsweise kürzlich eine Reise in problematische Länder unternommen, gehört man zu bestimmten Berufsgruppen wie Bauern oder hat man Vorerkrankungen, die eine Keimbesiedlung fördern, sollten diese Tests angewendet werden. Nur wer wird in einem Krankenhaus nach seinem Beruf oder seiner letzten Auslandsreise gefragt? Derzeit wird in Kliniken wenig getestet, weil es Geld kostet. Pro Test in etwa 30€. Das summiert sich bei mehreren tausend Patienten und dadurch wird der Schnelltest zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung der Kliniken, die viele nicht stemmen wollen, bzw. können. Schafft der Gesetzgeber dort nicht verpflichtende Maßnahmen wird sich dahingehend in deutschen Kliniken wenig ändern. Hierbei sei erwähnt, dass dieses System der Schnelltest in den Niederlanden hervorragend funktioniert. Dort sind diese Tests schon lange üblich und gehören zum Standard.

Bevor jedoch Schnelltests und Transponder-Empfänger-Systeme zur Durchführung der Händehygiene eingeführt werden, drängen Experten darauf, erst einmal bundeseinheitliche Vorschriften zu erlassen. Hauptproblem dabei ist, die Hygienevorschriften in deutschen Krankenhäusern sind nicht nur lascher als beispielsweise in den Niederlanden, sondern sie sind auch noch in einigen Bundesländern lascher als in anderen. Ein bezeichnendes Beispiel dafür ist, dass in Brandenburg Risikopatienten auch in Praxen getestet werden, in Berlin nicht. Für viele Experten steht die Einführung von Eingangsscreenings und die die Vereinheitlichung von Hygienevorschriften deshalb noch vor den Empfehlungen zur Händehygiene.

Quelle: Die Welt