Die Hände des Pflegepersonals in Einrichtungen des Gesundheitswesens sind der Hauptkeimüberträger. Ohne eine korrekt durchgeführte Händedesinfektion kann in diesen Einrichtungen nicht hygienisch gearbeitet werden. Hauptzielsetzung ist die Verhinderung der Weiterverbreitung von auf die Hand gelangten Krankheitserregern zum Schutz des Patienten. Außerdem dient sie daneben aber auch dem Eigenschutz. Die Complience, d.h. die regelgetreue Durchführung der Händedesinfektion ist jedoch immer noch ein großes Problem, sodass viele Händedesinfektionen nicht zielführend sind. Pflegemitarbeitern muss bewusst sein, dass eine mangelhafte oder unterlassene Händehygiene kein Kavaliersdelikt ist.
Es gibt eine Reihe von Gründen für mangelhafte Complience bei der Händehygiene. Dazu zählen mangelhafte Disziplin, mangelndes Problembewußtsein, Hautunverträglichkeiten, unklare Hygienevorschriften, laxer Leitungsstil, unzureichende Kontrolle, schlechte Vorbilder und Ausstattungsmängel.
Um die Compliance zu fördern sollte das Händedesinfektionsmittel beim Personal akzeptiert werden (Geruch, Verträglichkeit), die korrekte Durchführung einer Händedesinfektion sollte geschult werden, es sollte gute Vorbilder in Gesundheitseinrichtungen geben und das Händedesinfektionsmittel sollte in den Einrichtungen auch verfügbar sein.
Gerade in Altenpflegeheimen hat sich das Klientel in den letzten Jahren deutlich verändert. Die Pflegebedürftigkeit ältere Mitmenschen steigt, das Personal sieht sich vor andere Herausforderungen gestellt, als noch vor einigen Jahren. Durch die kurze Aufenthaltsdauer von erkrankten Senioren in den Kliniken, steigt der Bedarf an Pflege in Altenheimen drastisch an. Damit verändern sich auch die Anforderungen an Bewohner-und Personalschutz hinsichtlich der Infektionspävention und der Übertragung nosokomialer Keime. Etwa 90% der nosokomialen Infektionen werden über die Hände übertragen und 1/3 von ihnen sind durch konsequente und richtige Händehygiene vermeidbar. Deshalb gehört die hygienische Händedesinfektion zu den wichtigsten Maßnahmen zur Prophylaxe nosokomialer Infektionen.
Wann eine hygienische Händedesinfektion erfolgt, richtet sich immer nach der Tätigkeit. Auf jeden Fall ist sie vor und nach einer potentiell infektionsgefährdenden Tätigkeit vorzunehmen. Dazu zählen neben Punktionen, Legen von Kathetern und Injektionen (auch wenn dabei Handschuhe getragen werden- in diesem Fall Desinfektion vor und nach dem Handschuhtragen) auch das Anlegen von Verbänden, Pflegemaßnahmen oder Manipulation am liegenden Katheter, Drainagesystem und Inhalationsgerät. Desweiteren ist eine hygienische Händedesinfektion zwingend notwendig nach potentieller, oder erfolgter Kontamination, z.B. nach der Versorgung infektiöser Bewohner, oder nach Kontakt mit infektiösem Material. Es gibt jedoch auch Tätigkeiten bei denen je nach Risikolage entschieden wird, ob die Hände davor, oder danach gewaschen oder desinfiziert werden. Dazu zählen die Essenzubereitung und -verteilung, die Toilettenbenutzung und das Naseputzen.
Eine Entscheidung hinsichtlich der Durchführung einer Händedesinfektion gegenüber der Händewaschung, sollte in den meisten Fällen zugunsten der Desinfektion ausfallen. Durch die Desinfektion der Hände wird die transiente Hautflora so stark reduziert, dass eine Verbreitung von Krankheitserregern unterbunden wird. Es ist darauf zu achten, dass die Hände nicht nach der Desinfektion gewaschen werden, da die durch das Desinfektionsmittel aus der Haut emulgierten Fette nur dann substantiell auf der Haut verbleiben und somit als Schutz weiterhin zur Verfügung stehen. In einer ganzen Reihe von Studien wurde bisher die bessere Verträglichkeit von Händedesinfektionsmitteln gegenüber Seifen untersucht und bestätigt. Ebenfalls ist es von entscheidender Bedeutung die Händedesinfektion nur auf trockener Haut durchzuführen, da eine Verdünnung des Desinfektionsmittels durch Feuchtigkeit auf der Haut zu einem Wirkverlust des Präparates führt. Ein vorheriges Händewaschen sollte deshalb nur im Fall einer groben Verunreinigung der Hände, beispielsweise durch Fäkalien, erfolgen, die dadurch entfernt wird.
Für eine wirkungsvolle Händedesinfektion ist die Auftragung des Präparats nach folgender Technik essentiell.
- Handfläche: Handfläche benetzen und Handflächen aneinander reiben.
- Fingerzwischenräume: Die Fingerzwischenräume benetzen, indem jeweils vom Handrücken aus die Finger ineinander verschränkt gerieben werden.
- Fingeroberseite: Die Fingeroberseite und Nagelfalz mit ineinander verschränkten Händen reinigen.
- Daumen: Die Daumen nacheinander durch die jeweils andere geschlossene Hand ziehen.
- Fingerkuppen: Die Fingerkuppen durch drehen der Fingerspitzen auf der Handfläche der jeweils anderen Hand desinfizieren.
- Handgelenke: Das Handgelenk mit der jeweils anderen Hand umfassen und mit Desinfektionsmittel benetzen.
Die Menge des Händedesinfektionsmittels variiert mit der Handgröße. Sie sollte so bemessen sein, dass die gesamte Handfläche bis knapp über die Handgelenke für 30 Sekunden vollständig benetzt ist. Das Präparat sollte vor Ablauf der 30 Sekunden nicht verdunstet sein.
Um alle Bereiche der Hände mit Desinfektionsmittel zu erreichen, sind Armbänder, Uhren, Ringe und andere Schmuckstücke unterhalb des Ellenbogens beim Pflegepersonal nicht erlaubt. Dazu zählen auch künstliche Fingernägel, da beim Weiterwachsen des Nagels eine Kante zwischen Nagel und künstlicher Applikation entsteht, die nachgewiesener Maßen als Erregerreservoir dienen kann und somit die Gefahr der Übertragung krankmachender Keime erhöht. Außerdem ist die sichere Verwendung von Schutzhandschuhen durch Handschmuck eingeschränkt, was ebenfalls zur Erhöhung des Infektionsrisikos beiträgt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Händedesinfektion nur dann effektiv ist, wenn sie korrekt durchgeführt wird. Aus einer fehlerhaft durchgeführten Händedesinfektion folgt ein Wirkverlust des verwendeten Präparats, der zu einer eventuellen Übertragung potentiell krankmachender Keime von einem Menschen zum anderen führen kann.
Quellen:
A.Kramer: Händehygiene-Patienten-und Personalschutz; GMS Krankenhaushyg Interdiszip 2006; 1 (1): Doc14
A.Kramer et.al: Kramer A Explantationstest mit Haut und Peritoneum der neonatalen Ratte als Vorraussagetest zur Verträglichkeit lokaler Antiinfektiva für Wunden und Körperhöhlen. Chirurg. 1998;69:840-5.
RKI-Richtlinie „Händehygiene“
Der erste Satz „Die Hände des Pflegepersonals in Einrichtungen des Gesundheitswesens sind der Hauptkeimüberträger.“ hat mich elektrisiert! Der Autor möge bitte überdenken, ob er nicht die eine oder andere Berufsgruppe übersehen hat! An mindesten einer davon beißen wir Hygienefachkräfte uns täglich die Zähne aus…
Sehr geehrter Herr Kühner-Feldes, natürlich sind es nicht nur die Hände des Pflegepersonals und natürlich gibt es auch andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen, die auch nicht immer „perfekte“ Händehygiene betreiben. Auch und gerade das ärztliche Personal nimmt das Thema leider nicht immer ernst. Dennoch, das Pflegepersonal verrichtet in der Pflege die vielen tagtäglichen und oft hygienisch sensiblen „Handgriffe“ (Verbandswechsel, Katheterpflege, Inkontinenzpflege) und weniger z.B. ärztliches Personal. Daher liegt natürlich der Focus zum Thema „Pflege-Hygiene“ auch beim Pflegepersonal.
Das sollte uns als Redaktion nicht davon abhalten auch andere Berufsgruppen in Bezug auf Händehygiene und hygienischen Habitus zu beleuchten. Danke für Ihren Einwand, es soll nicht so wirken, als ob die Pflege der Sündenbock beim Thema nosokomiale Infektionen sein soll.