Im Bereich der nosokomialen Infektionen stellen die Katheter-assoziierten Infektionen einen großen Anteil dar. Zentrale Venenkatheter sind für 90% aller durch Gefäßzugänge verursachten Infektionen verantwortlich. Die Zahl von mehr als 30.000 Sepsis-Fälle, die durch einen Aufenthalt im Krankenhaus und gleichzeitig durch einen zentralen Venenkatheter verursacht werden, lassen aufschrecken. Nach Schätzungen des Kompetenznetzes Sepsis sind 60.000-90.000 Sepsis-Fälle in Deutschland jährlich durch einen Krankenhausaufenthalt bedingt.
Neben den hohen Risiken für Patienten stellen die Kosten, die durch Katheter-assoziierten Infektionen verursacht werden, einen nicht zu vernachlässigen Kostenblock dar. Martin Wernitz vom Berliner Vivantes Klinikum im Friedrichshain stellte auf Basis des Krankenhausvergütungssystems DRG eine Rechnung auf, dass Sepsis-Fälle durch MRSA einen Verlust für das Krankenhaus von durchschnittlich 8.500 € pro Fall bedeuten würde. Anderen Studien zufolge liegen die Kosten mit 16.000 € weitaus höher, amerikanische Quellen sprechen von 10.000 bis 30.000 US$. Die Angaben zur Verlängerung von Liegezeiten liegen zwischen zwei und 25 Tagen.
Nach Prof. Dr. Walter Popp, dem Leiter der Krankenhaus-Hygiene am Universitätsklinikum Essen, werden Katheter-assoziierte Infektionen in mehr als 30% der Fälle durch Koagulase-negativen Staphylokokken verursacht. Die Infektionen können auf drei Wegen entstehen:
- „ Bei der extraluminalen Form wandern Keime der Hautflora an der Außenseite des Katheters entlang in die Gefäße.
- Handelt es sich um eine luminal bedingte Infektion, entsteht diese mit zunehmender Liegedauer des Katheters. Die Keime gelangen durch Manipulation – beispielsweise durch das Aufstecken einer Spritze – über das Katheterlumen in die Blutbahn.
- Bei der Katheterfernen Infektion schließlich wird der Katheter über die Blutbahn mit Keimen besiedelt. Wahrscheinlich sind die ersten beiden Infektionswege am bedeutendsten.“
Allerdings lassen sich Studien zufolge Katheter-assoziierten Infektionen durch einwandfreie Hygiene fast komplett verhindern. Nach den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (Krinko) stellt Prävention ein wichtiges Standbein für die Reduktion dieser Infektionen dar. Schulung und die entsprechende Personalkompetenz werden vorausgesetzt, um entsprechend die Anforderungen an aseptisches Arbeiten umsetzen zu können. Vielen kleinen Verhaltensregeln kommen dabei große Bedeutung zu. Händedesinfektion, Untersuchungshandschuhe, Mund-Nasen-Schutz, Kittel, Haube, die korrekte Desinfektion der Einstichstelle, steriles Abdecktuch und vieles mehr sind zu beachten. Auch sind die Risiken von Patientenseite her, wie Immunschwäche auf Grund des gesundheitlichen Gesamtzustandes, nicht unerheblich. Doch stellt die Hygiene den wichtigsten Faktor dar, um Katheter-assoziierten Infektionen zu verhindern.
Die Empfehlung stammt aus dem Jahr 1999, doch immer noch sind die Zahlen viel zu hoch, trotz vieler Initiativen und einer verbesserten Sensibilisierung des medizinischen und pflegerischen Personals. So hat die APIC (Association for Professionals in Infection Control and Epidemiology) eine Initiative zur Verhinderung aller nosokomialer Infektionen gestartet, die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene hat ebenfalls das Thema immer wieder im Focus.
Vor dem Hintergrund der erheblichen Mehrkosten und der hohen Fallzahlen fordern verschiedene Hygieniker deutlich mehr Engagement, Forschung, Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Schulungen. Angesichts der möglichen Kostenersparnis sollte die Finanzierung eigentlich kein Problem sein. Politik und die Gesellschaft sind hier mit gefordert, doch haben es diese Themen bei der aktuellen weltpolitischen Lage wenig Gehör. Jedoch sollten sich alle klar darüber werden, dass jährlich mehr an Katheter-assoziierten Infektionen in Deutschland versterben, als insgesamt bisher Menschen an EBOLA infiziert worden sind.
RKI: Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen